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Der Merkur ist eine der wichtigsten und angesehensten Kulturzeitschriften im deutschsprachigen Raum. 1947 als Monatsheft gegründet, erscheint er mittlerweile seit siebzig Jahren. Hinter dieser ungewöhnlichen Langlebigkeit steht ein einfaches Konzept: Der Merkur vertritt keine weltanschauliche, politische oder auch ästhetische Agenda. Er geht davon aus, dass seine Leser sich ihr Urteil selber bilden wollen. Deshalb setzt er nicht auf vorgefasste Meinungen, sondern auf Neugier, Sachkenntnis, Widerspruchsgeist, sowie ein kompromissloses Qualitätsbewusstsein.
Der Merkur versteht sich als Kulturzeitschrift. Kultur aber ist kein friedliches Reservat gediegener Bildung, sondern ein unübersichtliches, lärmendes, stets umkämpftes Feld, auf dem die wesentlichen Fragen der Gegenwart öffentlich formuliert und kontrovers verhandelt werden, egal ob sie Kunst, Wissenschaft, Politik, Philosophie, Wirtschaft oder Gesellschaft betreffen. Die interessantesten Positionen, die überzeugendsten Argumente, die spannendsten Thesen, die anregendsten Vorschläge und Theorieentwürfe treffen im Merkur regelmäßig aufeinander.
Das bedeutet, dass im Merkur so gut wie jedes Thema vorkommen kann, sofern es drei Voraussetzungen erfüllt: Es muss gedanklich originell, wenn auch nicht unbedingt gelehrt sein; es muss relevant sein für gebildete, aber eben nicht spezifisch orientierte Leser; es muss in essayistischer Form präsentiert werden: ohne akademische Umständlichkeit, mit sprachlicher und intellektueller Eleganz. Der letzte Punkt ist schon deshalb essentiell, weil im Merkur lange Texte die Regel sind. Der Umfang der Essays im vorderen Teil des Heftes liegt im Schnitt zwischen zehn und vierzehn Druckseiten. Selbst die kürzeren Beiträge umfassen immerhin noch um die sieben Seiten.
Die langen Teststrecken sind kein Selbstzweck, sie ergeben sich aus der Sache: Konzise Argumentationen, genaue Analysen, historische Rück- und Ausblicke, dichte Beschreibungen brauchen Raum, so wie sie einen angemessenen Rahmen brauchen. Deshalb werden Bilder im Merkur äußerst sparsam eingesetzt, deshalb ist die Heftgestaltung bewusst zurückhaltend.
Mit diesem anspruchsvollen Programm wendet sich der Merkur an eine anspruchsvolle Leserschaft, die so kenntnisreich und zugleich wissbegierig ist, dass sie eine Zeitschrift, die ihr stets nur die eigenen Ansichten bestätigt, nicht ertragen würde.